Feuerwache Speising

Neubau und Generalsanierung

 
 

Projektbeschreibung

Wenn in der Gruppenwache Speising der Alarm zum Einsatz ruft, haben die Berufsfeuerwehrleute gerade mal 30 Sekunden Zeit, um einsatzbereit zu sein und auszurücken. Wenn Sekunden entscheiden, ist die Sicherstellung optimaler Abläufe und damit taktischer Funktionalismus von den Architekten gefordert. Gleichzeitig sollte für dieses wichtige Infrastrukturgebäude, das an jedem Tag des Jahres rund um die Uhr besetzt ist, eine aussagekräftige Architektur geschaffen werden.

Im Sommer 1927 zog die Berufsfeuerwehr in das frisch erstellte Gebäude in der Speisinger Straße ein, das direkt an einer der wichtigsten Verkehrsachsen im 13. Wiener Gemeindebezirk liegt. Nach rund neunzig Jahren und der ständigen Erweiterung der Aufgaben der Feuerwehr entsprach es nicht mehr den betrieblichen Anforderungen. 2018 lud die Magistratsabteilung 68 der Stadt Wien zu einem Wettbewerb ein, um einen Ersatzbau für den bestehenden Straßentrakt und eine Umstrukturierung und Generalsanierung des dahinterliegenden Hauptgebäudes zu entwerfen. Das siegreiche Projekt von illiz architektur wurde im Januar 2021 fertiggestellt.

Die Anlage besteht aus drei räumlich-funktionalen Einheiten: der Fahrzeughalle, den Bereichen mit hoher Aktivität und den Ruheräumen. Die räumlichen Gegebenheiten im Gründerzeitgebäude im hinteren Teil der tiefen Parzelle wurden umstrukturiert und sind nun vollständig nutzbar.

Der gemeinschaftliche Aufenthaltsbereich und die Küche mit angrenzendem Speisesaal und Außenterrasse befinden sich im Erdgeschoss, die sechs ruhigen Bereitschaftsräume für die insgesamt zwölf Feuerwehrleute im Obergeschoss. Die neue eingeschossige Fahrzeughalle ist zur Strasse hin ausgerichtet. Halle und Altbau bleiben als eigenständige Baukörper ablesbar und werden über ein niedriges „Gelenk“ miteinander verknüpft, welches zudem den Haupteingang für die Feuerwache bildet. In unmittelbarer Nähe dieses Haupteingangs - zwischen der Fahrzeughalle und den Gemeinschaftsräumen - ist das Büro des Wachkommandanten strategisch günstig gelegen.

Im Sinne einer wirtschaftlichen und nachhaltigen Gestaltung ist die Fahrzeughalle thermisch entkoppelt. Mit Blick auf die kurze Bauzeit wurde ein hoher Vorfertigungsgrad gewählt: Betonfertigteile und Hohldielendecke überspannen die zwölf Meter breite Halle. Drei rote Feuerwehrfahrzeuge stehen hier bereit, um jederzeit aus der Halle zu rücken. Rückwärtig angrenzend stehen die ebenfalls roten Garderoben. Sichtbeton dominiert ansonsten das Erscheinungsbild des Inneren der Halle. Als nicht brennbares Material vermittelt es den Eindruck von Sicherheit. Links der Halle regelt ein hohes Einfahrtstor den Zugang zum Innenhof, wo die Mitarbeiter ihre Fahrzeuge parken sowie ihre Einsätze üben können. Rechts der Halle weist ein Fassadensprung auf die dahinter liegenden niedrigen Nebenräume hin.

Der neue Gebäuderiegel schließt durchgängig die Front zur Speisinger Straße, so dass der Vorplatz eine neugewonne Klarheit ausstrahlt. Die sechs Meter hohe Halle hebt sich volumetrisch kaum vom städtischen Kontext ab. Die funktionale Gebäudehülle mit den charakteristisch hohen Garagen-Falttoren fällt dafür auf. Unerwartet tektonisch wirkt die Fassade mit ihrer pfeiler- und architravartigen Konstruktion. Durch die zweckmäßige Reduzierung der Fassadenhöhe entsteht zudem auf der rechten Seite eine willkommene Fuge am Anschluss an die angrenzende Brandwand.

Die Aufnahme des klassischen Wiener – in Speising vorherrschenden – Fassadenfarbtons Gelb dient der Einbindung des Gebäudes in seine Umgebung. Ein kräftiges Gelb vereint die verschiedenen Metallarbeiten der neuen Fassade und schafft eine identitätsstiftende Präsenz der Feuerwache Speising. Schützend und dienend bietet das Projekt Raum für die Feuerwehrleute, die regelmäßig ihr eigenes Wohlbefinden riskieren, um Leben zu retten.

Text: Laure Nashed

 

Projektbilder

 

Pläne

 

Projektdaten

selektives Verfahren, 1. Rang
Auftraggeber: Stadt Wien, MA 68
Nettonutzfläche: 540 m²
Fertigstellung: 2021
Fotos: tschinkersten